Montag, 3. Oktober 2011

Neulich in Roth (De)

Neulich besuchte ich meinen Freund Hellboy (Name von den Anonymen Alkoholikern AA geändert) in Roth. Am Samstag machten wir eine Velofahrt zusammen mit Captain America (Name wiederum von den AA geändert), obwohl wir noch zu wenig Blut im Alkohol hatten ;-)  Während der Fahrt wurde viel getratscht und gelacht. Wir waren ziemlich locker drauf... bis wir in eine Nebenstrasse durch ein Waldstück einbogen (kleine Strasse ohne Mittelstreifen). Vor uns fuhr ein Auto ziemlich langsam, vielleicht 20km/h. Wir fuhren auf das Auto auf und setzten zum überholen an - einer rechts vorbei, einer links vorbei und einer durch die Mitte. Das schien den Mercedesfahrer zu stören, denn jedesmal, wenn wir überholen wollten, gab er Gas. Danach bremste er wieder ab, und das Spiel begann von vorne.
Unsere zwei Superhelden liessen sich zurückfallen, ich wollte den Fahrer noch ein wenig kitzeln. Inzwischen bemerkte ich, dass zwei andere Autos von hinten aufgeschlossen hatten. Ich beschleunigte und setzte zum Überholen auf der linken Seit an. Als ich auf seiner Höhe war, passte er sein Tempo meinem an, und wir fuhren eine Weile nebeneinander, mit relativ hohem Tempo. Plötzlich kurbelte er das Fenster runter und schwafelte irgendwas wie: "Ihr dürft nicht zu dritt nebeneinander fahren, lasst doch die zwei Autos hinten vorbei...". Ich dachte mir: "Was kümmern ihn die zwei Autos hinten? Die können ja sowieso nicht vorbei, weil du Depp so langsam fährst...". Als ich weiterhin neben ihm herfuhr, machte der Knacker unvermittelt einen starken Schwenker nach links, und zwar so nahe an den Strassenrand, dass vielleicht noch eine abgemagerte Ameise Platz gehabt hätte. Ich bin zwar auch ziemlich abgemagert, aber trotzdem noch ein wenig breiter als eine Ameise ;-) Im allerletzten Moment konnte ich die Bremse ziehen, der Wagen schrammte nur 1 oder 2 cm an mir vorbei. Ich sah mich schon im Strassengraben liegen... Sein eigener, unglaublicher Mut (Auto gegen Velo) machte dem Fahrer doch ein wenig Angst, und er fuhr davon.
Die zwei andern Autos fuhren hinterher. Sie bogen in einen andern Weg ein. Erst da ging mir ein Licht auf: Die drei Autos gehörten zusammen. Captain America kannte sich gut aus in der Gegend und wusste, dass sie zu einem Restaurant fuhren (Sackgasse). Kampfeslustig verfolgten wir sie und stellten sie zur Rede. Der Fahrer des Mercedes war ein älterer Spiesser. Nur er redete, die andern hielten sich wohlweislich aus der Diskussion raus. Er fühlte sich immer noch im Recht - weil er sich über uns aufregte, gab ihm irgend eine höhere Macht das Recht, mich in den Strassengraben zu fahren. Dazu mehr weiter unten.
Nach einer Weile wurde uns die Sache zu blöde, und wir fuhren davon - zu einer Raststätte, die unser Zwischenziel war: Wir wollten uns dort Kaffee und Kuchen genehmigen. Da hatte Hellboy eine geniale Idee: Wir könnten doch eine Flasche Cola holen bei der Raststätte und diese dann über dem Mercedes ausleeren (die Gruppe war zum Mittagessen im Restaurant). Das gibt keinen Schaden, aber der ganze Wagen klebt dann ziemlich stark, so dass nach einer Weile hunderte von Fliegen darauf kleben würden und das Auto gewaschen werden muss. Da wir Männer der Taten und nicht der Worte sind ;-) fuhren Hellboy und ich mit einer grossen Flasche Cola zurück zu den Autos. Oder anders gesagt: Solche Lausbubenstreiche machten früher ziemlich Spass und das ist auch heute noch so. Bei den Autos angekommen, stand er Schmiere und ich leerte die ganze Flasche über dem Mercedes aus - über dem Dach, dem Kofferraum, der Kühlerhaube und der Windschutzscheibe. War das ein Spass, wir lachten uns 2-3 Schränze in die Bäuche! Mit Vollgas fuhren wir zur Raststätte zurück. Leider verpassten wir die entsetzten Gesichter der Leute. Einfache Lösung eines Konfliktes ohne grosses Gestürm, und wir kamen auf unsere Kosten!

Es bleibt die Frage zur Diskussion:
Wenn sich ein Autofahrer über nicht ganz korrekt fahrende Velofahrer aufregt, gibt dies ihm das Recht, die Gesundheit der Velofahrer zu gefährden?
Und eine zweite Anschlussfrage:
Damit ein Autofahrer ein paar Sekunden oder im besten Fall Minuten sparen kann, gibt dies ihm das Recht, einen Velofahrer möglichst nahe zu überholen und zu gefährden? Zur Erinnerung: Der seitliche Abstand beim Überholen muss 1.5m betragen.

Meine Meinung ist ganz klar: Die Gesundheit und das Leben eines jeden Velofahrers ist unendlich Mal mehr wert als die Nerven eines Autofahrers. Und einen Velofahrer zu gefährden, um ein wenig Zeit zu gewinnen, ist absoluter Verhältnisblödsinn.

Jeder Kommentar zu diesem Thema ist willkommen! Du kannst auch kurz einen ähnlichen Vorfall schildern, den du mit einem Auto erlebt hast.

Dienstag, 6. September 2011

WM-Titel verloren oder Vize-WM-Titel gewonnen?

ITU Powerman Long Distance Duathlon World Championships
Nach 12 Jahren wurde in Zofingen wieder die offizielle ITU Weltmeisterschaft im Duathlon durchgeführt. Mein Ziel war ein Podestplatz, insgeheim rechnete ich mir sogar Chancen auf den Titel aus. Solche Ziele erzähle ich jeweils nicht gross herum und so wichtig sind sie ja nicht. Ich will jeweils einfach mein Bestes geben.
Voller Elan ging ich an den Start - meine Vorbereitung war fast optimal verlaufen (oder etwa doch nicht?). Mein genialer Plan: Beim Startlauf bereits meine kenianischen Waden (Aussage meiner Masseurin!) zum spielen bringen und zu Beginn der Velostrecke mehr Dampf als üblich geben, um dann hoffentlich in einer guten Velogruppe Unterschlupf zu finden. Gleich nach dem Start geht es recht steil bergauf. Von weitem sah ich eine rote Fahne mit der Schrift "Forza Michu" drauf. Ich dachte mir "Da heisst einer gleich wie ich - was für ein Glückspilz mit so einem Supporter-Team". Und kurz später: "Dieses Gesicht kommt mir bekannt vor... Hilfe, diese Fahne ist ja für mich!". Was nichts anderes hiess, als dass ich selber dieser Glückspilz war - dazu mehr weiter unten.
Da ich in diesem Jahr umfangmässig im Laufen eine Ameise und im Velo ein Elefant verkörperte, war mein genialer Plan eigentlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Mit 35 Minuten schaffte ich immerhin eine respektable Zeit. Der Wechsel aufs Velo war schnell - die Schuhe waren bereits in den Pedalen. Dummerweise rutschte der Riemen durch die Lasche und ich musste anhalten, um den rechten Schuh anzuziehen (Riemen? Lasche? Keine Ahnung, wie die Dinger eigentlich heissen... "Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehn..."). Endlich konnte ich voll in die Pedale treten. Schon beim ersten Aufstieg zum Bodenberg zeigten sich erste Krampferscheinungen in der linken Wade. Dies war noch das kleinere Problem. Ich hatte an diesem Tag einfach nicht viel Kraft, Schü, Ovomaltine oder was auch immer in den Beinen. Ich sagte mir: "Ich habe einen Support wie noch nie, ich will meinen Zeitplan so lange als möglich einhalten... lieber irgendwann ausfallen, als träge wie ein Walross über die Strecke schleichen". Ein völlig bedeppertes Motto. Meine übliche Stärke verstaute ich an diesem Tag in einem grossen, schwarzen Sack in der hintersten Ecke eines abgelegenen Waldstückes: Nämlich die Stärke des Einteilens, worin ich normalerweise ein wahrer Meister bin.

So schaffte ich Velorunde eins in 1h20 und fuhr schon in der zweiten Runde in die erste mittelgrosse Krise hinein. Das Motto blieb dasselbe: Meinen Zeitplan einhalten, koste es was es wolle. Wie gesagt behämmert. Ich biss mich durch, in dieser Runde verlor ich nur 1 Minute auf den Zeitplan (Zeit: 1h21). Die dritte Runde wurde richtig hart. Die Aufstiege schaffte ich nur noch mit Mühe. Ich war froh um den 11/28-er Kranz... wobei mir die 11 ziemlich egal war, die 28 schlug ich jedoch zum Ritter. Als Ritter mit Rüstung kam ich mir selber vor: Ziemlich schwer und unbeweglich. Neben dem Ritter war ich gleichzeitig das Pferd, das mich schweren Brocken auf den schwachen Beinen tragen musste. Also trug ich mich selber? Tönt behämmert, aber es fühlte sich irgendwie so an. Nach SEHR LANGER Zeit und weiteren Schwächeanfällen schaffte ich die letzte Velorunde schliesslich in 1h29. Ich war völlig am Ende und konnte mir nicht vorstellen, auch nur ein paar Schritte zu laufen. Aufgeben? Sicher nicht, da muss schon schlimmeres passieren.
Nach dem Wechsel lief ich los, und oh Wunder oh grosses Wunder, es ging gar nicht so schlecht. Die Beine waren zwar schwer. Aber wenn ich nach unten schaute, dann sah ich, wie sie sich bewegten, und zwar sogar im Laufschritt. Der ganze Schlusslauf lief wie in einem Traum ab. Ich begann zu fantasieren: Ich sah überall nur noch Zwillinge. Echte Zwillinge und eingebildete -  der Fahnenträger musste mindestens 3 oder 4 seiner Brüder dabei haben. Überall sah ich die rote Fahne. Nach jeder Kurve tauchte sie wieder auf, das kann unmöglich ein Mensch alleine bewältigt haben. Der Zeitplan war mir jetzt ziemlich egal. Ich hatte andere Sorgen, als mich akribisch an ein so blödes Stück Papier zu halten.

Bis ca. Km 12 ging es erstaunlich locker (ich geb's ja zu, locker ist bei weitem übertrieben, aber es ging gut und ohne Probleme). Danach wurden die Beine schwer wie Bleisäcke und sie schmerzten erst wie zehn, danach wie hundert und schlussendlich wie tausend Wespenstiche. Beim Stadiondurchlauf nach 15 Km dachte ich trotzdem keine Sekunde ans Aufgeben. Aufgeben ist wie gesagt keine Option (ok Leute, bitte nicht den Gigathlon-Bericht 2011 lesen...). Ich zwang mich, die längeren Steigungen zu laufen. Bei den kürzeren und steileren gönnte ich mir eine Gehpause. Irgendwann erschien wie im Nebel der Wendepunkt bei Km 22.5. Von da an ging es wieder einfacher. Beim Schlussabstieg liess ich es nochmals rattern, so gut es ging. Einfach voll in den Schmerz hinein. Das Ziel war eine unendlich grosse Erleichterung. Ich hatte es geschafft! Und zwar trotz allem in der respektablen Zeit von 7h08. Erst eine Weile später erfuhr ich, dass ich in meiner Altersklasse den 2. Rang erreicht hatte.

Wie schaffte ich den Wettkampf trotz der vielen Krisen?
Einerseits trank ich sehr viel, ca. 1 Liter pro Stunde auf dem Velo. Und auf dem Schlusslauf ca. 1.5 Liter. Das verhinderte Krämpfe beim Laufen. Andererseits bin ich mental ein absoluter Gigant. Das tönt eingebildet, ist aber so. Ich bleibe stets ruhig und ich weiss immer, dass ich es schaffen werde. Obwohl ich diesmal fast daran zweifelte. Ich setzte mir einfach immer Zwischenziele und versuchte nicht, das Endziel anzuvisieren. Und ich war mental immer frisch - bis sagen wir mal auf die letzten 10 oder 15 Km bei Lauf. Dazu kann ich doch relativ gut leiden.
Das mit Abstand wichtigste war jedoch: Ich hatte ein absolut super Supporter-Team. Ein Team wie ich es noch nie hatte. Ich freute mich jedes Mal, sie zu sehen und ich musste auch immer schmunzeln. Gegen Ende waren meine 17 Gesichts(lach)muskeln jedoch nicht mehr bereit, sich zu bewegen. Ein riesengrosses merci an den Fuchs-Clan, an meine Schwester und all die andern, die mich anfeuerten. Ohne diesen Support wäre ich die Sache mit diesen Beinen wohl etwas gemütlicher angegangen ;-)

Habe ich nun den Weltmeistertitel gewonnen oder den Vize-Weltmeistertitel gewonnen? 
Nach dem Velo hatte ich einen Vorsprung auf den Zweiten von fast 10 Minuten. Dieser Patrice Biville hat mich erst gegen Ende des Laufes überholt und kam mit gut 1 Minute Vorsprung ins Ziel. Als er mich überholte, hatte ich keine Ahnung, in welcher Kategorie er startete. Und anhängen hätte ich mich schon gar nicht können. Mein Vorsprung auf den Drittplatzierten war auch gut 1 Minute. Wir waren also so nahe beieinander, dass die Reihenfolge fast ein wenig Zufall ist.
Die Frage ist natürlich berechtigt. Für mich ist es ganz klar: Ich habe den Vize-Weltmeistertitel gewonnen. Es wäre arrogant von mir, wenn ich den Titel selber erwartet hätte. Also wenn ich mich für den Besten halten würde. Das liegt mir nicht. Es ist schon erstaunlich genug, dass ich jeweils vorne mitmischen kann. Deshalb: Ich bin sehr glücklich über diesen zweiten Platz!


Gründe für die schlechten Beine?
So schlechte Beine hatte ich bisher äusserst selten und noch überhaupt nie bei einer Langdistanz. Es gibt wohl ein Rudel an Gründen, ich will diese jedoch nicht aufzählen. Nach Ausreden suche ich nicht, das ist nicht meine Art. es lief den Umständen entsprechend ja sehr gut. Für mich persönlich ziehe ich die Lehren...


Nachwehen
Die Nachwehen sind ein grausamer Muskelkater, wie ich ihn auch annähernd noch nie hatte. Und zwar nicht nur in den Beinen, sondern auch auf den Füssen, in den Armen und im Nackenbereich... Sonst geht es mir gut. Ich studiere bereits an einem Start in Zofingen im nächsten Jahr herum ;-)

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